Reiner Hoffmann (DGB): Unsere Unterstützung habt ihr für die Koalitionsverhandlungen! – Ein Widerspruch!

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Reiner Hoffman warb als Vertreter des DGB am 21.01.2018 auf dem Bundesparteitag in Bonn leidenschaftlich für die Große Koalition und lobt die von der SPD erreichten Ergebnisse: die Rückkehr zur Parität bei der Finanzierung der Krankenversicherung, die Rentenstabilisierung, die Mindestausbildungsvergütung. Zudem konnte, aus seiner Sicht, die SPD schlimmeres verhindern, wie die Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes und des Mindestlohnes, sowie der Anhebung des Wehretats. Kurz: dieses Sondierungspapier enthält mehr Substanz als für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Lande, als was Jamaika jemals hinbekomme hätte, so Hoffmann. Entsprechend ist für ihn die Ablehnung geradezu unverständlich und eher ein Ausdruck von tiefsitzendem Misstrauen. Aber für Misstrauen sieht Hoffmann aufgrund der SPD-Arbeit der letzten 4 Jahre, der letzten Großen Koalition keinen Grund, im Gegenteil. – Also alles gut?

Es geht um Stabilität – mit ungewissem Ausgang

Im Gegenteil, durch diese Rede, durch diese Haltung, durch diese Positionierung gefährdet er die tief in der Krise steckende Sozialdemokratie und die letztlich auch die kriselnden Gewerkschaften! Die Ergebnisse des Sondierungsgespräches sind bei genauer Betrachtung mehr als dürftig: hier und da einige kosmetische Anstriche, aber keine substantiellen Veränderungen, weder bei der Rente, im Arbeitsrecht, bei den Sozialversicherungen und auch nicht in Europa, wo die Wettbewerbsfähigkeit und Investitionsfreundlichkeit ein zentrales Element darstellt. Statt der viel beschworene Wende, gibt es letztlich ein weiter so. Es geht um Stabilität, und dabei nimmt man einen möglichen weiteren Niedergang der Sozialdemokratie in Kauf. Es ist letztlich immer der gleiche Reflex: man geht den Weg, den man kennt, der augenscheinlich berechenbar ist und Stabilität verspricht und dabei verkennt, dass es genau der ist, der zur Erodierung der SPD und der Arbeitnehmervertretung führt.

Statt dass die Gewerkschaften nun eine notwendige, ja überlebensnotwendige Korrektur darstellen, die Parteien dazu drängen und bewegen, eine Richtungsänderung herbeizuführen, unterstützt sie eben jenen Stabilitätskurs und beschleunigt damit eben die Entwicklung und den Niedergang, die sie eigentlich gerade mit dem Schulterschluss aufhalten will. Gleichzeitig gefährdet sie sich durch diese Bindung selbst, sowohl was ihre Glaubwürdigkeit betrifft aber auch ihre Handlungsrahmen, da man ja durch zu viel Kritik und Aktionen die Regierung nicht „gefährden“ will und sich damit selber fesselt.

Aber die Basis begehrt auf, sowohl bei der SPD, sowie beim DGB. Obwohl praktisch die gesamte Parteiführung der SPD massiv für die Koalitionsverhandlung warb, stimmten auf dem Bundesparteitag nur 56,4% der Delegierten dafür – eine herbe Niederlage für die Führung. Und auch beim DGB zeigen sich ähnlich Tendenzen. Bei der DGB-Bezirkskonferenz Berlin-Brandenburg am 20.01.2018 bekam Hoffmann für seine Rede, welche der auf dem Parteitag glich, nur wenig Zustimmung, teilweise wurde ihm der Applaus versagt und es gab lautes Missfallen. Zufriedenheit und Unterstützung sieht anders aus. Auch bei der Aussprache gab es klaren Widerspruch – Zustimmung suchte man vergebens. In den Gewerkschaftsgliederungen muss darüber noch gesprochen werden, wie es dennoch zu dieser klaren Positionierung des DGB-Bundesvorstandes kommen konnte.

Der DGB tut mit dieser Treue niemanden einen Gefallen, weder der tief in der Krise sitzenden Sozialdemokratie, die weiter ihre bekannten Pfade benutzen, statt eine notwendige Korrektur zu begehen, noch den Gewerkschaften, die unter langanhaltendem Mitgliederschwund leiden und sich nun weiter fesseln.

Sven Meyer, Landesbezirksvorst., ver.di BB; SPD-AfA,

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