Halbjahresbilanz R2G aus Arbeitnehmersicht

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Am 8. Juni fand eine gemeinsame Veranstaltung der AfA-Berlin, Betrieb und Gewerkschaft (Die Linke) und den Gewerkschaftsgrünen zum Thema „Halbjahresbilanz R2G aus Arbeitnehmersicht“ statt. Eingeladen waren die Senatsvertreter Silke Gebel (Die Grünen), Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) und Alexander Fischer (Die Linke), zudem Susanne Stumpenhusen von ver.di. Der Wilhelm-Leuschner-Saal beim DGB war mit über 170 Besucher geradezu überfüllt, viele mussten stehen, was zeigt, dass das Interesse mehr als groß war. Gute Voraussetzungen, für eine spannende und lebhafte Diskussion. Vor allem KollegInnen von verschiedenen landeseigenen Einrichtungen, wie der Charité, Vivantes, UniversitätsmitarbeiterInnen aber auch MitarbeiterInnen von freien Trägern. Jedoch kippte die Stimmung recht bald, es wurde sehr emotional, es gab laute Zwischenrufe und Türenknallen.

Was passierte? „Verantwortlich“ hierfür waren vor allem die KollegInnen der Charite/CFM und Vivantes/VSG, aber auch anderer landeseigener Unternehmen, die sehr zahlreich anwesend waren und die Veranstaltung für ihre drängenden Fragen nutzten (die KollegInnen des CFM kamen zudem gerade von einem Streik). Es ging natürlich um die Fragen bezüglich Tarifflucht und Ausgründung, TVÖD und „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Während Gebel und Fischer sich nur wenig zu diesen Themen äußerten, bezog Kollatz-Ahnen klar Stellung: ein TVÖD und eine Rückführung in die Mutter (Charité), wird es nicht geben, womit er der Aussage von Müller auf dem 1. Mai klar widersprach, der zumindest bezüglich der CFM, sowohl die Einführung des TVÖD, wie die Wiedereingliederung in die Mutter, noch in dieser Legislaturperiode, verkündete (https://www.afa-spd-reinickendorf.de/?p=1575). Da höhere Kosten der Servicekräfte nicht in den Krankenhauspauschalen vorgesehen sind, sieht Kollatz-Ahnenden TVÖD für die CFM nicht finanzierbar. Letztlich bedeutet das, dass Gehaltsverhandlungen nicht auf Landesebene, sondern nur auf Bundesebene, dort wo auch die Krankenhausfinanzierung vereinbart wird, verhandelt werden kann. Da das Land Berlin finanziell eingeschränkt ist und ab 2020 zudem die Schuldenbremse wirkt, wäre bei deutlichen Gehaltserhöhungen der Servicekräfte Einschnitte bei den Krankenhäuser, bis hin zu einer vollständigen Privatisierung notwendig. Um eine Privatisierung der Krankenhäuser zu verhindern, so Kollatz-Ahnen, muss beim Service weiterhin gespart werden. Was erst einmal als ein reines Problem des Gesundheitswesens erscheint, betrifft selbstverständlich alle Bereiche der öffentlichen Daseinsfürsorge. Denn letztlich wirkt sich die Schuldenbremse auch auf alle andere Bereiche aus. Darüber hinaus verbirgt die Argumentation noch einen weiteren Punkt. Mit dem Hinweis auf die Finanzierung des Gesundheitssektors, zieht sich das Land letztlich aus der Verantwortung und schiebt es auf die Bundesebene. Tarifverhandlungen und Arbeitskämpfe laufen damit ins Leere und gefährden im Zweifel ihre eigenen Arbeitsplätze. Da sich die Finanzierungssätze wiederum am Markt orientieren, besteht eine dreifache Fesselung: durch den Niedriglohnsektor im Servicebereich, können die Sätze niedrig gehalten werden, gleichzeitig können Löhne aber nicht steigen, da die Sätze ja festgelegt sind. Darüber hinaus besteht durch die Schuldenbremse keine Möglichkeit, eine große Steuerfinanzierung des Gesundheitssektors durchzuführen (im Zweifel müssen die Krankenhäuser eben privatisiert werden, wie es bspw. In Hamburg geschah). Diese dreifache Fesselung zu durchbrechen ist eine Gesamtaufgabe der Gewerkschaften, wie auch der Politik, weit über den Gesundheitssektor hinaus! Dies wurde auf der Veranstaltung deutlich und führte letztlich zu der Konfrontation und den Emotionen, zudem von Michael Müller und dem Koalitionsvertrag anderes angekündigt wurde.

Dennoch war die Veranstaltung ein großer Erfolg! Das Interesse an einen Dialog mit der Politik war riesig! Die Diskussion war, wenn auch emotional und kontrovers, sehr sachbezogen und informativ. Es zeigt sich wieder, wie wichtig es ist, Stellung zu beziehen und sich der Diskussion und Kritik zu stellen, sich nicht einzuigeln, sondern in den Dialog zu treten, auch wenn er schwierig ist. Daher sollten solche Veranstaltungen regelmäßig durchgeführt werden und den Stand der Umsetzung des Koalitionsvertrages, gerade aus Arbeitnehmersicht, zu diskutieren!

Aber auch die politische Bewertung aus AfA Sicht ist leider eindeutig und der AfA-Wilmersdorf zuzustimmen: „Matthias Kollatz-Ahnen, der im Namen der SPD gesprochen hat, stellte damit klar, dass im Namen der Gebote der Schuldenbremse an dem Geschäftsmodell prekäre Arbeit im Gesundheitswesen festgehalten werden muss. Das können wir nicht akzeptieren.“ (https://afacwblog.wordpress.com/)

 

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