Bei der größten Demonstration in Deutschland der letzten Jahre waren viele viele Menschen die gegen Trans Atlantic Trade and Investment Partnership zwischen den USA und der EU auf die Straße gingen.
Ob es nach Angaben der Veranstalter 250.000 TeilnehmerInnen oder nach Angaben der Berliner Polizei 150.000 TeilnehmerInnen waren, eines ist unbestritten, es war ein Zeichen, welches die Verhandlungsführer, die Politik und Wirtschaft nicht übersehen konnten. Erfreulich war auf jeden Fall, das im digitalen Zeitalter von Facebook, Twitter & Co. tausende Menschen ihren Protest, ihre Angst und Hoffnung auf die Straßen Berlins trugen – lautstark, bunt, fröhlich und vor allem friedlich! Hinter jedem selbstgemaltem Pappschild, Transparent oder Fahne stand ein Gesicht, ein realer Mensch. Keiner von tausenden gesichts- und (teilweise) hirnlosen Kommentatoren auf unzähligen Foren und Internetseiten.
Nein, bequem war es nicht. Dicht beieinander standen sich fremde Menschen, entschuldigten sich für Hackentritte oder Schulterreiben. Uns alle einte der gemeinsame Protest! Gemütlicher war es sicherlich für jene GenossInnen und KollegenInnen aus dem Kreisverband Reinickendorf oder gar aus den Landesverbänden. Die AfA-Reinickendorf wurde durch den Kreisvorstand mit flatternden Fahnen repräsentiert, die einzigen SPD-Fahnen die gesehen wurden…waren von einem unbekannten Ortsverband und der Abteilung Hermsdorf und Dieter Dressel durfte sich auch an und ab einige Kommentare im Vorbeigehen anhören.
Ach ja…unsere/meine SPD! Was oder wen wollte Bundeswirtschaftsminister, Vize-Kanzler und SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel erreichen, wenn er aus Steuergelder finanzierte ganzseitige Anzeigen in überregionalen Tageszeitungen meint „…Bangemachen gilt nicht…Europa muss selbstbewußt und mutig seine Ideen von Freiheit im Handel und Verantwortung für die Menschen voranbringen…“?! Oder am Samstag auf einer SPD-Veranstaltung in Mannheim sagte: „Das Europa an den Rand gedrängt wird, entweder wir setzen gute Standards oder andere werden Standards setzen die wir uns anpassen müssen…“ Sigmar, was sind „gute Standards“?! Vielleicht das Standards nach unten entwickelt werden?! Wer sind „andere“?! Und wer sagt „wir müssen“?!
Der BDI-Präsident, Ulrich Grillo meint gar: „Wir Europäer müssen die Globalisierung gestalten wollen…wer nur blockiert, verliert…“
Der Präsident der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), Ingo Kramer gibt zum Besten: „Ein Scheitern von TTIP wäre nicht nur an unsere amerikanischen Partner, sondern an alle unsere Partner in der Weltwirtschaft ein falsches Signal….“
Der Präsident des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie, Matthias Wissmann (BM a.d) steuerte sogar einen originellen Beitrag bei, in diesem er meinte: „Für die Automobilindustrie ist TTIP von großer Bedeutung. Denn die USA sind…das zweitwichtigste Exportland für die deutschen Autohersteller….“
Dolle Dinger! Welche Signale hat VW und Deutsche Bank in die USA und die Welt gesendet? Sind wir nicht auch ohne TTIP der sogenannte Exportweltmeister? Welche Signale werden empfangen, wenn Europa nicht mal mehr Flugzeuge (Militär) bauen kann und die Bundeswehr für Millionen Euro Steuergelder Gewehre erhält die nicht einmal treffsicher sind?! Können wir Flughafen?! Können wir Bildung?!
Made in Germany
Die genannten Personen haben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die geheimsten geheimen Geheimakten der Verhandlungskommission auf ihrem Schreibtisch, obwohl die liberale EU-Handelskommissarin Malström in einem Interview vom 04.10.2015 ankündigte, die Transparenz zu erhöhen, „Wir arbeiten daran, in den Mitgliedsstaaten zusätzliche Leseräume für vertrauliche Dokumente bereitzustellen.“ Wie jetzt – in Brüssel wird „gearbeitet“!?
Lieber Sigmar, aber genau das ist es! Vertraulichkeit! Die BürgerInnen Deutschlands haben vertrauen- und hoffnungsvoll 2013 frei gewählte Vertreter in ein Haus entsandt, welches am Eingang den Eigentümer benennt – wie ein Klingelschild – „Dem Deutschen Volke“. Sicherlich ist mein SPD-Vorsitzender nicht freudig überrascht über tausende sicht- und hörbaren Menschen, die am Samstag ihren Protest mit ihren Füßen auf die Straßen trugen. Frei nach Altbundeskanzler Helmut Schmidt, „Gegenwärtig bin ich der leitende Angestellte der Bundesrepublik und alle vier Jahre haben wir eine Generalversammlung, wo 30 Mio. wahlberechtigte Bürger darüber abstimmen, ob ihr Unternehmen einigermaßen anständig geführt ist oder ob es unzureichend geführt worden ist.“ Meine traurige Prognose für meine SPD bei der nächsten Bundestagswahl liegt bei unter 20% der Stimmen…ich würde mich freuen, wenn ich Unrecht haben werde.
Skandalös und ehrverletzend – Erinnerung an die Propagandamaschinerie von Goebbels – ist der Beitrag von Spiegel-Online, in der ICH, wie tausend andere Demokraten in die rechte Ecke gedrängt werden. „Wer da mit marschiert, findet offenbar nichts daran, sich gedanklich bei Pegida-Bachmann, Marine Le Pen und Donald Trump unterzuhaken…In der Allianz der TTIP-Gegner schreiten Gewerkschaften und Umweltverbände Seite an Seite mit Nationalisten vom rechten Rand. Ein paar ganz Braune sind auch dabei…doch bei den TTIP-Protesten sind die Rechten nicht Mitläufer, sondern heimliche Anführer…Die Kampagne gegen den Freihandel ist wie auf dem braunen Mist gewachsen…Offene Grenzen sind ihnen ein Gräuel, ob es nun um Menschen oder Handelsbeziehungen geht…“ (Originalzitate Spiegel Online 10.10.2015) Und noch einen obenauf: erst war es als Kommentar von Alexander Neubacher deklarier, später wurde es nach Protesten (neudeutsch „Shit storm“) von der Spiegel Online-Redaktion „heimlich“ in „Polemik“ geändert!
Nur mal kurz an Spiegel Online: Die Grenzen Deutschlands sind offen, ich wurde letztmalig am Übergang Brandenburger Tor im Dezember 1989 kontrolliert und Menschen sind zwar nach Kalle Marx „Produktionsfaktoren“, aber keine „Handelsware“, denn Sklaverei gibt es in Deutschland nicht. Vielleicht sollte der Verfasser und Journalist Alexander Neubacher die Finger von illegalen Substanzen lassen, denn Kriegsflüchtlinge die nach Europa und Deutschland kommen mit einem Freihandelsabkommen in Verbindung zu setzen, dieser Sinn erschließt sich mir nicht.
JA, ich bin seit 35 Jahren (sozial) Demokrat – JA ich bin Gewerkschafter – JA ich bilde mir ein, Menschen eine Stimme zu geben, die sonst keine hätten – JA, Solidarität nach meinem sozialdemokratischen Verständnis ist das Zusammenstehen mit Menschen und Gruppen die gegen Abhängigkeiten und Benachteiligungen in der Gesellschaft zu kämpfen haben – Ja, ich war Samstag einer von tausenden Menschen!
Aber ein klares NEIN, das Teile des TTIP-Abkommens auch nach Abschluss geheim bleiben sollen – NEIN, zu aberwitziger Geheimniskrämerei – NEIN, das es keine Kündigungsklausel (= einseitige Willenserklärung) geben soll – NEIN, das die Menschen von Politik und Wirtschaft entmündigt werden soll – NEIN, das Gesetze durch die TTIP-Verträge eingeschränkt werden sollen – NEIN, das frei gewählte Abgeordnete des Deutschen Bundestages und des EU-Parlaments die volle Einsicht in die Unterlagen verwehrt wird – NEIN, das EU-Datenschutzrichtlinien von der US-Seite nicht verhandelt werden – NEIN, das ich meinem Körper genmanipulierte Lebensmittel zumuten muss – NEIN, das nur zwei von acht ILO-Arbeits- und Sozialstandards von der US-Verhandlungskommission anerkannt werden und
NEIN ich bin weder rechts, noch Nazi, noch blöd!
Ein kleines abschließendes JA, ich traue nicht der EU-Kommission, nicht der Bundeskanzlerin und nicht dem Bundeswirtschaftsminister zu, das die/unsere/meine Befürchtungen nicht wahr werden und wiederhole mich gerne:
Öffentlichkeit ist der Sauerstoff der Demokratie
Marcus Striek
Hier ein positiver Pressekommentar:
http://taz.de/Kommentar-TTIP-Protest/!5237537/